Die Nachtcafé-Geschichte

Bei unse­rer offe­nen Büh­ne, dem Nacht­ca­fé, ent­steht gera­de eine span­nen­de Fort­set­zungs­ge­schich­te gemein­sam mit den Gäs­ten. Das ers­te Kapi­tel hat der Mode­ra­tor, Dani­lo Fior­ti­ti, am 26. Janu­ar 2024 vor­ge­stellt und das Publi­kum hat vol­ler Begeis­te­rung Ideen für die nächs­te Fort­set­zung bei­gesteu­ert. Hier kommt, zum Nach­le­sen das ers­te Kapi­tel und wie es wei­ter­ge­hen soll:
(ACHTUNG: Dani­lo braucht noch Ihre Hil­fe, am Ende des Tex­tes steht noch eine Mit­mach-Fra­ge!)

Kapitel 1 — Der Bus

1%
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Ich weiß bis heu­te nicht, wel­cher Kobold mich dazu zwingt, Zah­len in mei­nem Kopf zu wie­der­ho­len – wie­der und wie­der. Da ist die ste­ti­ge Panik sie zu ver­ges­sen. Ich ver­traue mei­ner Zukunfts­ver­si­on ein­fach nicht. Ich glau­be stets, sie ist ein biss­chen düm­mer als ich. Mein Gegen­warts-Ich kann sich die drei Zif­fer leicht mer­ken aber ob mein Zukunfts-Ich in drei oder vier Minu­ten auch noch klug sein wird? Wer weiß! Bes­ser kein Risi­ko ein­ge­hen. Und die Zahl wiederholen.

Immer noch 1%

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Das war die Num­mer des Bus­ses, den ich in Rülz­heim wür­de neh­men müs­sen. Nicht falsch ein­stei­gen! Kei­ne Chan­ce, dass ich in Rülz­heim noch ein­mal auf mein Han­dy schau­en kön­nen wür­de – seit Minu­ten sah ich 1% auf der Anzei­ge. Jeden Augen­blick wür­de es aus­ge­hen. Dann müss­te ich mich wie ein Höh­len­mensch im Wirr­warr des ÖPNVs nur auf mei­ne Instink­te und auf mein Wis­sen verlassen.

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Ich wür­de den Bus schon fin­den. Der klei­ne Bild­schirm im Zug zeig­te mir, dass die über­nächs­te Sta­ti­on Rülz­heim sei. Ich stand schon­mal auf. Wit­ze und Memes plopp­ten in mei­nem Kopf auf, von den Deut­schen die immer so früh an der Tür stan­den. Haha – aber mein Han­dy war fast leer und ich muss­te den Bus bekommen!

Bell­heim – noch nicht mei­ne Station.
Die Dop­pel­tür öff­net sich mit einem Zischen. Neue Pas­sa­gie­re ste­hen bereit, sie tre­ten instink­tiv auf die Sei­te um mir Platz zu machen. Aber ich will ja gar nicht aus­stei­gen! Eine Schreck­se­kun­de ste­hen wir so vor­ein­an­der, ohne Augen­kon­takt. Ich hab nie Augen­kon­takt im Zug. Dann klap­pe ich mich auf und pres­se mei­nen Rücken gegen die Ple­xi­glas­schei­be neben der Tür. Die neu­en Pas­sa­gie­re stei­gen ein.
Schnell an mir vor­bei rau­schen: Kin­der mit zu gro­ßen Schul­ran­zen, alte Leu­te – sie rau­schen an mir vor­bei, dann fla­ckert etwas auf, nur kurz. Ein Nacken – hoch­ge­bun­de­ne Haa­re, die unter einer karier­ten Kap­pe ver­schwin­den, ein win­zi­ger Pfef­fer­fleck unter den Baby­haa­ren im Nacken.
Ich blin­zel­te und der Moment war vor­bei. Ich hab nicht hin­ter­her gese­hen, son­dern hoch zur Anzei­ge­ta­fel. Nächs­ter Halt: Rülz­heim. Ich hole mein Han­dy her­vor und bli­cke auf den schwar­zen Bildschirm.

553!
Der Zug fährt eine lan­ge Kur­ve, über einen blin­ken­den Bahn­über­gang, dann quiet­schen die Bremsen.

Rülz­heim – mei­ne Station
Ich stell mich auf. Mein Blick geht durch mein Spie­gel­bild in der Glas­tür hin­durch auf die Wie­se am Rand des Bahn­hofs. In der Sekun­de bevor die Tür sich öff­net, sehe ich ein wei­te­res Spie­gel­bild, das ver­schwom­men neben mei­nes tritt, ich sehe noch die karier­te Kap­pe und grü­ne Augen. Dann wie­der ein Zischen und die Türen glei­ten auf die Sei­te. Unser gemein­sa­mes Bild ist ver­schwun­den. Ich schau nicht zur Seite.

Ner­vös stei­ge ich aus.
553 – ich mache mich bereit auf einem geschäf­ti­gen Bahn­hof unter zahl­lo­sen blin­ken­den Anzei­ge­ta­feln zwi­schen Schul­kin­dern, Rent­nern und Berufs­pend­lern mei­ne Num­mer zu suchen. Eilig wür­de ich zu mei­nem Bus schrei­ten müs­sen. 553. Ich bie­ge um den Zug her­um, und schaue – auf einen ein­sam war­ten­den Bus!
Nein nein, es ist kein Bus! Das Ding, das da war­tet, holt viel­leicht Men­schen für ein Wohn­heim ab oder lie­fert Piz­za aus. Ein Büschen im bes­ten Fall. Ich nähe­re mich.

553 – die Zahl leuch­tet ein­deu­tig in unan­ge­neh­mem Oran­ge auf mich herab.
Kein Zwei­fel mehr, das ist mein Bus. Wie könn­te es auch anders sein, auf dem Park­platz des gro­ßen Bahn­hofs steht nur die­ses Ding.
Die Tür öff­net sich und die mit­tel­al­te Bus­fah­re­rin schaut gelang­weilt aus ihrem Fens­ter wäh­rend ich vor­bei­ge­he. Ich set­ze mich und bin ein biss­chen stolz, dass ich es ganz ohne Han­dy in den Bus geschafft habe.

Ich schaue auf mei­ne Knie, weil ich nichts mit mir anzu­fan­gen weiß, wenn ich nichts zu lesen habe, kei­ne Musik zu hören kei­ne Vide­os zu schau­en sind. Ich spü­re sofort, wie die Ner­vo­si­tät in mir auf­steigt – ich muss ein­fach dasitzen!
Ver­dammt, ich hat­te nicht geschaut, wie weit Herx­heim von Rülz­heim weg ist. Wer weiß wie lang ich jetzt hier ohne Ablen­kung sit­zen muss. Doch dann – ich wuss­te es noch bevor ich es gese­hen habe – jemand hat sich auf den Platz vor mir gesetzt. Einen Moment lang sah ich noch auf mei­ne Knie, dann lang­sam auf, über dem Kra­gen einer blau­en Jacke war da der Nacken. Die Baby­haa­re, die hoch­ge­bun­de­nen Haa­re, die sich unter der karier­ten Kap­pe ver­steck­ten, das Mut­ter­mal am Haaransatz.

Der Bus fuhr los, hin­aus durchs Dorf, rechts wie­der über die Bahn­schie­nen und hin­aus auf eine klei­ne Land­stra­ße. Ein sanf­ter Hügel zur rech­ten, fla­ches Land bis zum Hori­zont auf der lin­ken Sei­te. Rüben – ein rie­si­ger Hau­fen Rüben am Stra­ßen­rand – mei­ne Augen flie­gen zwi­schen dem rech­ten und dem lin­ken Fens­ter hin und her. Also woll­te ich ver­mei­den gera­de aus zu sehen! Das Mut­ter­mal, ein Dorf – Herx­heim – mein Ziel! Nein oder? Nein, da stand noch mehr – das Schild ist vor­bei. Der Bus ist zwar win­zig, aber er ist immer noch zu breit für die schma­le Dorf­stra­ße mit den gepark­ten Autos. Lang­sam, zäh von Lücke zu Lücke, arbei­tet sich die mit­tel­al­te Bus­fah­re­rin vor­an durch das Dorf, das irgend­wie was mit Herx­heim heißt, aber auch irgend­wie was anderes.

War­um ist mein Han­dy aus? Wie­der Land­stra­ße. Links und rechts jetzt Gewächs­häu­ser aus müden Foli­en, die im lau­en Wind wackeln. Eine Tank­stel­le ohne Dach – ein auf­re­gend aus­se­hen­der ALDI im Hin­ter­grund, dann wie­der eine viel zu enge Dorfstraße.
Wie­der Kampf um jeden Meter den wir vorankommen.
Die karier­te Kap­pe lehnt jetzt an der Fens­ter­schei­be. Ein Teil von mir malt sich, ohne dass ich es will, aus, wie die grü­nen Augen auf das vor­bei­zie­hen­de Dorf (oder Städt­chen?) schau­en. Nicht wich­tig. Län­ger als ich es gewollt hat­te, sehe ich hin.

Dann hält der Bus.

Ende Kapi­tel 1

 

Wie wird die Geschich­te wei­ter­ge­hen? Fra­gen an das Publi­kum des Nacht­ca­fés am 26.01.2024.

   1. Fra­ge: Wer erzählt die Geschich­te? Ist die Per­son männ­lich oder weiblich?

  • 14 mel­de­ten sich für „weib­lich“.
  • Ca. 60 mel­de­ten sich für „männ­lich“.
  1. Fra­ge: War­um ist die Per­son auf dem Weg nach Herx­heim? Hier gab es drei Vor­schlä­ge aus dem Publi­kum über die abge­stimmt wurde:
  • Als Gast ins Chaw­we­rusch gehen (6 Stim­men dafür).
  • Einen Geld­au­to­ma­ten spren­gen (21 Stim­men dafür).
  • Scho­ko­küs­se kau­fen (25 Stim­men dafür).
  1. Fra­ge: Wie ist der Name der Per­son mit der karier­ten Kap­pe? Hier gab es drei Vor­schlä­ge aus dem Publi­kum über die abge­stimmt wurde:
  • „Horst“ (8 Stim­men dafür)
  • „San­dy“ (26 Stim­men dafür)
  • „Tony“ (24 Stim­men dafür)

   4. Fra­ge: War­um ist San­dy in Herx­heim? Hier gab es drei Vor­schlä­ge aus dem Publi­kum über die abge­stimmt wurde:

  • Geld­au­to­ma­ten spren­gen (über 40 Stim­men dafür).
  • Lieb­ha­ber besu­chen (9 Stim­men dafür).
  • Auf Fried­hof Blu­men gie­ßen (11 Stim­men dafür).
  1. Fra­ge: Wo wer­den sich der Prot­ago­nist und San­dy das nächs­te Mal wie­der tref­fen? Hier gab es drei Vor­schlä­ge aus dem Publi­kum über die abge­stimmt wurde:
  • am Geld­au­to­ma­ten (über 50 Stim­men dafür)
  • am Dorf­brun­nen (6 Stim­men dafür)
  • am Kon­dom­au­to­ma­ten (4 Stim­men dafür)

Eine Fra­ge ist noch offen und Dani­lo bit­tet um mög­lichst ori­gi­nel­le Ideen:
Wozu braucht der Prot­ago­nist die Scho­ko­küs­se aus Herxheim?
Bit­te schi­cken Sie Ihre Ant­wort auf die­se Fra­ge an: nachtcafe@chawwerusch.de
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Das nächs­te Nacht­ca­fé fin­det am Frei­tag, 26. April 2024 um 21 Uhr statt. Sie dür­fen gespannt sein auf das nächs­te Kapi­tel! Was pas­siert wenn sich unse­re Haupt­fi­gur und San­dy das nächs­te Mal tref­fen, am Geld­au­to­ma­ten in Herxheim?