Die Nachtcafé-Geschichte
Bei unserer offenen Bühne, dem Nachtcafé, entsteht gerade eine spannende Fortsetzungsgeschichte gemeinsam mit den Gästen. Das erste Kapitel hat der Moderator, Danilo Fiortiti, am 26. Januar 2024 vorgestellt und das Publikum hat voller Begeisterung Ideen für die nächste Fortsetzung beigesteuert. Hier kommt, zum Nachlesen das erste Kapitel und wie es weitergehen soll:
(ACHTUNG: Danilo braucht noch Ihre Hilfe, am Ende des Textes steht noch eine Mitmach-Frage!)
Kapitel 1 — Der Bus
1%
553
553
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Ich weiß bis heute nicht, welcher Kobold mich dazu zwingt, Zahlen in meinem Kopf zu wiederholen – wieder und wieder. Da ist die stetige Panik sie zu vergessen. Ich vertraue meiner Zukunftsversion einfach nicht. Ich glaube stets, sie ist ein bisschen dümmer als ich. Mein Gegenwarts-Ich kann sich die drei Ziffer leicht merken aber ob mein Zukunfts-Ich in drei oder vier Minuten auch noch klug sein wird? Wer weiß! Besser kein Risiko eingehen. Und die Zahl wiederholen.
Immer noch 1%
553
553
Das war die Nummer des Busses, den ich in Rülzheim würde nehmen müssen. Nicht falsch einsteigen! Keine Chance, dass ich in Rülzheim noch einmal auf mein Handy schauen können würde – seit Minuten sah ich 1% auf der Anzeige. Jeden Augenblick würde es ausgehen. Dann müsste ich mich wie ein Höhlenmensch im Wirrwarr des ÖPNVs nur auf meine Instinkte und auf mein Wissen verlassen.
553
Ich würde den Bus schon finden. Der kleine Bildschirm im Zug zeigte mir, dass die übernächste Station Rülzheim sei. Ich stand schonmal auf. Witze und Memes ploppten in meinem Kopf auf, von den Deutschen die immer so früh an der Tür standen. Haha – aber mein Handy war fast leer und ich musste den Bus bekommen!
Bellheim – noch nicht meine Station.
Die Doppeltür öffnet sich mit einem Zischen. Neue Passagiere stehen bereit, sie treten instinktiv auf die Seite um mir Platz zu machen. Aber ich will ja gar nicht aussteigen! Eine Schrecksekunde stehen wir so voreinander, ohne Augenkontakt. Ich hab nie Augenkontakt im Zug. Dann klappe ich mich auf und presse meinen Rücken gegen die Plexiglasscheibe neben der Tür. Die neuen Passagiere steigen ein.
Schnell an mir vorbei rauschen: Kinder mit zu großen Schulranzen, alte Leute – sie rauschen an mir vorbei, dann flackert etwas auf, nur kurz. Ein Nacken – hochgebundene Haare, die unter einer karierten Kappe verschwinden, ein winziger Pfefferfleck unter den Babyhaaren im Nacken.
Ich blinzelte und der Moment war vorbei. Ich hab nicht hinterher gesehen, sondern hoch zur Anzeigetafel. Nächster Halt: Rülzheim. Ich hole mein Handy hervor und blicke auf den schwarzen Bildschirm.
553!
Der Zug fährt eine lange Kurve, über einen blinkenden Bahnübergang, dann quietschen die Bremsen.
Rülzheim – meine Station
Ich stell mich auf. Mein Blick geht durch mein Spiegelbild in der Glastür hindurch auf die Wiese am Rand des Bahnhofs. In der Sekunde bevor die Tür sich öffnet, sehe ich ein weiteres Spiegelbild, das verschwommen neben meines tritt, ich sehe noch die karierte Kappe und grüne Augen. Dann wieder ein Zischen und die Türen gleiten auf die Seite. Unser gemeinsames Bild ist verschwunden. Ich schau nicht zur Seite.
Nervös steige ich aus.
553 – ich mache mich bereit auf einem geschäftigen Bahnhof unter zahllosen blinkenden Anzeigetafeln zwischen Schulkindern, Rentnern und Berufspendlern meine Nummer zu suchen. Eilig würde ich zu meinem Bus schreiten müssen. 553. Ich biege um den Zug herum, und schaue – auf einen einsam wartenden Bus!
Nein nein, es ist kein Bus! Das Ding, das da wartet, holt vielleicht Menschen für ein Wohnheim ab oder liefert Pizza aus. Ein Büschen im besten Fall. Ich nähere mich.
553 – die Zahl leuchtet eindeutig in unangenehmem Orange auf mich herab.
Kein Zweifel mehr, das ist mein Bus. Wie könnte es auch anders sein, auf dem Parkplatz des großen Bahnhofs steht nur dieses Ding.
Die Tür öffnet sich und die mittelalte Busfahrerin schaut gelangweilt aus ihrem Fenster während ich vorbeigehe. Ich setze mich und bin ein bisschen stolz, dass ich es ganz ohne Handy in den Bus geschafft habe.
Ich schaue auf meine Knie, weil ich nichts mit mir anzufangen weiß, wenn ich nichts zu lesen habe, keine Musik zu hören keine Videos zu schauen sind. Ich spüre sofort, wie die Nervosität in mir aufsteigt – ich muss einfach dasitzen!
Verdammt, ich hatte nicht geschaut, wie weit Herxheim von Rülzheim weg ist. Wer weiß wie lang ich jetzt hier ohne Ablenkung sitzen muss. Doch dann – ich wusste es noch bevor ich es gesehen habe – jemand hat sich auf den Platz vor mir gesetzt. Einen Moment lang sah ich noch auf meine Knie, dann langsam auf, über dem Kragen einer blauen Jacke war da der Nacken. Die Babyhaare, die hochgebundenen Haare, die sich unter der karierten Kappe versteckten, das Muttermal am Haaransatz.
Der Bus fuhr los, hinaus durchs Dorf, rechts wieder über die Bahnschienen und hinaus auf eine kleine Landstraße. Ein sanfter Hügel zur rechten, flaches Land bis zum Horizont auf der linken Seite. Rüben – ein riesiger Haufen Rüben am Straßenrand – meine Augen fliegen zwischen dem rechten und dem linken Fenster hin und her. Also wollte ich vermeiden gerade aus zu sehen! Das Muttermal, ein Dorf – Herxheim – mein Ziel! Nein oder? Nein, da stand noch mehr – das Schild ist vorbei. Der Bus ist zwar winzig, aber er ist immer noch zu breit für die schmale Dorfstraße mit den geparkten Autos. Langsam, zäh von Lücke zu Lücke, arbeitet sich die mittelalte Busfahrerin voran durch das Dorf, das irgendwie was mit Herxheim heißt, aber auch irgendwie was anderes.
Warum ist mein Handy aus? Wieder Landstraße. Links und rechts jetzt Gewächshäuser aus müden Folien, die im lauen Wind wackeln. Eine Tankstelle ohne Dach – ein aufregend aussehender ALDI im Hintergrund, dann wieder eine viel zu enge Dorfstraße.
Wieder Kampf um jeden Meter den wir vorankommen.
Die karierte Kappe lehnt jetzt an der Fensterscheibe. Ein Teil von mir malt sich, ohne dass ich es will, aus, wie die grünen Augen auf das vorbeiziehende Dorf (oder Städtchen?) schauen. Nicht wichtig. Länger als ich es gewollt hatte, sehe ich hin.
Dann hält der Bus.
Ende Kapitel 1
Wie wird die Geschichte weitergehen? Fragen an das Publikum des Nachtcafés am 26.01.2024.
1. Frage: Wer erzählt die Geschichte? Ist die Person männlich oder weiblich?
- 14 meldeten sich für „weiblich“.
- Ca. 60 meldeten sich für „männlich“.
- Frage: Warum ist die Person auf dem Weg nach Herxheim? Hier gab es drei Vorschläge aus dem Publikum über die abgestimmt wurde:
- Als Gast ins Chawwerusch gehen (6 Stimmen dafür).
- Einen Geldautomaten sprengen (21 Stimmen dafür).
- Schokoküsse kaufen (25 Stimmen dafür).
- Frage: Wie ist der Name der Person mit der karierten Kappe? Hier gab es drei Vorschläge aus dem Publikum über die abgestimmt wurde:
- „Horst“ (8 Stimmen dafür)
- „Sandy“ (26 Stimmen dafür)
- „Tony“ (24 Stimmen dafür)
4. Frage: Warum ist Sandy in Herxheim? Hier gab es drei Vorschläge aus dem Publikum über die abgestimmt wurde:
- Geldautomaten sprengen (über 40 Stimmen dafür).
- Liebhaber besuchen (9 Stimmen dafür).
- Auf Friedhof Blumen gießen (11 Stimmen dafür).
- Frage: Wo werden sich der Protagonist und Sandy das nächste Mal wieder treffen? Hier gab es drei Vorschläge aus dem Publikum über die abgestimmt wurde:
- am Geldautomaten (über 50 Stimmen dafür)
- am Dorfbrunnen (6 Stimmen dafür)
- am Kondomautomaten (4 Stimmen dafür)
Eine Frage ist noch offen und Danilo bittet um möglichst originelle Ideen:
Wozu braucht der Protagonist die Schokoküsse aus Herxheim?
Bitte schicken Sie Ihre Antwort auf diese Frage an: nachtcafe@chawwerusch.de!
Das nächste Nachtcafé findet am Freitag, 26. April 2024 um 21 Uhr statt. Sie dürfen gespannt sein auf das nächste Kapitel! Was passiert wenn sich unsere Hauptfigur und Sandy das nächste Mal treffen, am Geldautomaten in Herxheim?